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Wingert Stories

Herzlich willkommen zum
2H-Weinbergklatsch!

Erfahren Sie, welche Erfahrungen wir im Lauf des Winzerjahres machen und verfolgen Sie den Aufbau unseres Weingutes – wir wünschen Ihnen viel Freude bei der Lektüre.

"Geduld ist das Vertrauen, dass alles kommt, wenn die Zeit dafür reif ist."

Auch ein guter Wein braucht seine Zeit, bis er reif ist. Drei bis vier Jahre benötigen die Rebstöcke, bis sie einen kelterfähigen Traubenertrag liefern.
Wir lassen ihnen die Zeit zu wachsen, erziehen und pflegen sie nach maßen. Auch wenn es in der Seele weh tut, die beachtlichen Traubenansätze im Pflanzjahr oder auch den ersten beiden Standjahren herauszuschneiden und die Rebstöcke ertraglos ins nächste Jahr zu schicken – die jungen Pflanzen danken es uns mit einem kräftigen Holz und Energie für ein gesundes Wachs­tum in den kommenden Jahren. Denn schließlich wollen wir die Reb­stöcke über Jahr­zehnte für die Pro­duktion eines tollen Weines nutzen.


Das Jahr 2023:

Der nasse Mai hat die Schneckenzahlen in schwindel-erregende Höhen getragen! Vor allem in unserer erst letztjährig gepflanzten Junganlage waren wir tagelang mit Eimern unterwegs, um die ungeliebten Fressmonster einzusammeln – natürlich vergebens, aber wir wollten es einfach nicht wahr haben, dass uns die Biester sämtliche Knospen und Grünaustriebe von den Reben wegfressen. Kurz vor den Pfingstferien haben wir dann doch kapituliert, haben unsere Kinder eingepackt und sind in die Toskana entflohen, immer mit dem Gedanken im Hinterkopf, dass uns nach der Rückkehr wohl nur eine Neuanpflanzung der verlorenen Reben bleibt.

Doch bei der Rückkehr nach einer Woche überraschte uns der Wingert mit einem ganz anderen Bild: der Regen hatte auch am Bodensee ein Ende gefunden und unsere Jungreben haben sich – wie wir – sensationell erholt: neue Blätter und Triebe weit und breit! Die Freude war entsprechend groß. Aber was war eigentlich passiert? Die „schlafenden Augen“ unter dem Bast haben es gerichtet. Das sind verdeckte, mit bloßem Auge nicht sichtbare Knospen an den verholzten Trieben der Rebe, und genau die haben für den Wiederaustrieb gesorgt – einmal mehr hat uns die Natur gezeigt, mit welcher Überlebenskunst sie ausgestattet ist.

Der Sommer verlief dann sehr heiß und trocken, bis etwa Mitte August, als uns ein Tief über zehn Tage lang Starkregen bescherte. Wäre dieser über die Vormonate verteilt gewesen, hätten die heranreifenden Trauben deutlich mehr Saft im Fruchtfleisch gebildet. So aber standen die prall gefüllten Beeren mächtig unter Druck, was vielerorts zum Platzen führte, vor allem bei den dünnhäutigen Sorten. Die PIWI-Trauben waren besser geschützt, da sie in der Regel elastischere Schalen aufweisen.

Die Ernte begann schließlich im zweiten September-Drittel, wie immer mit unserem Solaris. Die Qualität und Erntemenge war am Ende sehr gut. Von unserem 2020 gepflanzten Levitage haben wir eine erste, bescheidene Traubenmenge erhalten. Die noch recht jungen Stöcke wollten wir nicht überfordern und haben daher nur ein Drittel der ursprünglich aus der Blüte hervor gegangenen Gescheine hängen lassen. Aus den Trauben haben wir unseren ersten Rosé gekeltert. Mitte Oktober war dann auch der Rotwein erntereif und das Weinbaujahr neigte sich allmählich dem Ende zu. Im Keller brodelte es jetzt in den Gärbottichen und –tanks und bald konnten wir den ersten Jungwein verkosten. Bis er auf der Flasche landet, vergehen aber noch viele Monate – Genusszeit für den Winzer.

Das Jahr 2023 stand auch im Zeichen der Neueröffnung unserer PIWIthek. Nach einer intensiven Umbauaktion waren die Räumlichkeiten an unserem Weingut im Juni fertig gestellt. Die PIWIthek ist die erste ihrer Art in Deutschland (und vielleicht sogar weltweit?). Die Idee dahinter ist, nicht nur unsere eigenen Weine zur Verkostung und zum Verkauf anzubieten, sondern auch und ausschließlich die PIWI-Weine anderer Winzer aus unseren Verbänden der Zukunftswinzer und PIWI International.

Viele Verkostungen standen an, von interessierten Weinliebhabern ebenso wie von Laien und auch Winzern – wir waren sehr überrascht, wie gut unser Konzept angenommen wurde. Für uns viel zusätzliche Arbeit, die wir aber mit Herzenslust angehen, um unsere eigene Philosophie weiterzutragen und damit vielleicht auch ein klein wenig zum Umdenken, für eine nachhaltige Zukunft, beitragen zu können.


Das Jahr 2022:

Was für ein Weinjahr! Sonne, hohe Temperaturen in den Sommermonaten gepaart mit ausreichend Niederschlägen haben unserer Region in 2022 eine tolle Traubenqualität beschert.

Wir haben auch weiterhin komplett auf die üblichen Pflanzenschutzmittel verzichtet und uns auf den Einsatz von Biosol(ution) zur Förderung der mikrobiellen Aktivität im Boden und die Anwendung von Schachtelhalmextrakt vor und nach der Blüte beschränkt. Dort wo sich in den Rebreihen im Unterstock bereits unsere Wilden Erdbeeren etabliert haben, wird nur noch am Rand der Zeile mit der Rollhacke der Boden durchlüftet.

In den Junganlagen und den erst in diesem Jahr bepflanzten Weinbergen war aber nach wie vor viel Handarbeit angesagt, um die Begleitflora nicht zu üppig wachsen zu lassen und die Konkurrenz zu den jungen Rebstöcken einzuschränken. Im Herbst waren aber alle Pflanzen gut ausgebildet, so dass die Reben gesund in den Winterschlaf gehen konnten.

Inzwischen bewirtschaften wir knapp 1 ha Rebfläche und freuen uns schon auf die zukünftigen Erträge unserer neuen Sorten.

Die Traubenernte ging bereits am 1. September los. Eigentlich hätten wir die Trauben des SOLARIS auch schon früher lesen können, doch wir wollten das herrlich warme Wetter nutzen, um die Beeren möglichst weit ausreifen zu lassen. Schließlich haben wir den SOLARIS mit 97 Grad Oechsle geerntet und gleichzeitig ein paar Trauben von unserem CABERNET CAROL gewimmelt, um ihn als Blanc de Noir dem ERSTLING 2022 beigeben zu können. So ist auch in diesem Jahr ein fruchtig-frecher Weißwein mit einer ganz eigenen, leichten Tannin-Note am Entstehen. Wir freuen uns jetzt schon auf einen tollen Sommerwein!

Die Haupternte des CABERNET CAROL war dann Ende September, ebenfalls bei knapp 100 Grad Oechsle. Das durchweg gesunde Lesegut haben wir auf der Maische vergoren. Seither darf der Rotwein in Ruhe reifen mit dem Ziel, einen weichen, trockenen Wein mit einer angenehmen Restsäure auf die Flasche zu bringen – wir sind schon ganz gespannt auf unseren ersten Rotwein!


Herbst 2021:

Das war ein verrücktes Jahr! Der viele Regen und das nahezu subtropische Klima in den Rebzeilen während der Sommermonate hat die Reben extrem schnell wachsen lassen…und allen Winzern einen extrem hohen Krankheitsdruck an den Reben beschert. Im Juli und August gab es in unserer Region praktisch täglich neue Infektionsgeschehen mit teilweise explosionsartiger Ausbreitung von Falschem und auch Echtem Mehltau. Der Boden war so stark aufgeweicht, dass ein Befahren der Zwischenzeilen in vielen Anlagen kaum mehr möglich war. Von der misslichen Lage besonders betroffen waren natürlich die ökologisch geführten Betriebe, da die verfügbaren Kontrollmaßnahmen kaum mehr ausreichten.

Dennoch haben wir es geschafft, dank des konsequenten Anbaus von pilztoleranten Sorten und dem Einsatz von Biostimulantien, mit einem "blauen Auge" durch die Saison zu kommen. Schon kurz nach der Blüte haben wir viele Traubenansätze ausgeschnitten, um die Belastung der Rebstöcke gering zu halten. Während der Sommermonate haben wir in der Traubenzone kräftig ausgelaubt, um ein schnelleres Abtrocknen der Bestände zu ermöglichen und den Pilzsporen weniger Angriffsfläche zu geben.

So konnten wir die meisten Reben bis in den Herbst hinein fit halten und uns im September und Oktober eines gesunden Lesegutes erfreuen. Auch wenn am Ende die Erntemenge nur rund ein Drittel des üblichen Lesedurchschnitts betrug, so waren wir doch sehr stolz, trotz der widrigen Bedingungen völlig ohne chemischen Pflanzenschutz ausgekommen zu sein. Um die Widerstandsfähigkeit unserer Reben gegen Krankheiten zu erhalten, werden wir im kommenden Frühjahr unser Augenmerk besonders auf den Boden richten, um durch entsprechende Stimulation der Bodenmikroflora und –fauna die Weichen für eine dauerhaft gesunde Entwicklung der Pflanzen zu stellen.

Das durchweg gesunde und reife Lesegut hat uns einen wunderbaren Traubenmost für die Kellerei beschert. Durch den recht hohen Zuckergehalt verlief die Gärung fast wie im Lehrbuch.

Da wir nur eine sehr geringe Menge an roten Trauben vom CABERNET CAROL ernten konnten, haben wir diese zusammen mit dem weißen SOLARIS gekeltert. Der erste Abstich darf nach grobem Filtern noch bis ins neue Jahr hinein ruhen. Also in Geduld üben, denn ein guter Wein braucht seine Zeit! Und auch die Winzerfamilie darf sich nun ein Weilchen zurücklehnen, den Jungwein in regelmäßigem Abstand probieren und stets darauf achten, dass der Tank spundvoll bleibt.

Wenn alles geklappt hat, kann im Frühjahr der 2. Abstich folgen, dann wird endlich auf Flaschen abgefüllt und der Lohn der vielen Arbeit steht vor einem – was für ein Segen!



Frühjahr 2021:

Alle Reben sind gut durch den Winter gekommen. Im Februar haben wir einen sanften Rebschnitt durchgeführt und bei den älteren Stöcken die Fruchtruten festgelegt. Das Jungfeld kam später dran, hier haben wir für den weiteren Stockaufbau zum Teil kräftig zurückgeschnitten, um die Reben nicht unnötig „auszulaugen“. Auch wenn die Pflanzen nach drei bis vier Jahren Standzeit erste Weine liefern, richtig ausgereift sind sie erst nach etwa 10 Jahren und die Trauben entfalten ihr sorten- und standortspezifisches Aroma und Säureschema.

Im Mai haben wir einen weiteren Hang bepflanzt – 600 Reben von zwei neuen PIWI-Weißweinsorten sind dazu gekommen.

Im Anbau setzen wir weiterhin auf die Bildung von Pflanzengesellschaften im Unterstockbereich. Wilde Erdbeere hat sich hierbei als besonderes Balance-Element zu den nach oben strebenden „Lianen“ (Wein gehört zur Familie der Lianengewächse) herauskristallisiert. In den Zwischenzeilen haben wir eine eigene Mischung aus verschiedenen Kleearten, Kräutern und Phacelia ausgesät. Wird der Aufwuchs zu hoch, wird der Bestand in jeder zweiten Zeile mit der Fräse (ohne Zapfwellenbetrieb) einfach niedergewalzt. Auf diese Weise werden die am Boden lebenden Tierarten geschont und die Halme im Gegensatz zum Mähen lediglich (an-)gebrochen. Dadurch wird der Bestand eigentlich erhalten, die Konkurrenz mit den Reben um Nährstoffe und Wasser aber gleichzeitig niedrig gehalten. Im weiteren Jahresverlauf wechseln wir mit dem gleichen Arbeitsgang in die bis dato unberührten Zwischenzeilen. Lediglich entlang der Rebzeilen mulchen wir eine schmale Gasse von etwa 20 cm Breite frei. Alle erforderlichen Pflegearbeiten wie Anbinden, Ausbrechen von Trieben, Einschleifen usw. erledigen wir von den gewalzten Zwischenräumen aus.

Auf Pflanzenschutzmaßnahmen haben wir weiterhin bewusst verzichtet. Um die Pflanzen gesund zu erhalten und die Resistenz gegenüber pilzlichen Schaderregern zu stärken bzw. nicht zu brechen, haben wir im ganz frühen Entwicklungsstadium ein Biostimulans auf Basis von pflanzlichen Proteinen direkt an der Stockbasis ausgebracht. Im 5-Blatt-Stadium haben wir die Behandlung, dann aber im Sprühverfahren auf die Blätter, wiederholt. In den Sommer hinein wollen wir die tragenden Reben nach der Blüte dann zusätzlich mit Schachtelhalmextrakt stärken, den wir selbst aus Equisetum arvense, welcher bei uns am Waldrand in Massen wächst, herstellen.

Bisher zeigen die Reben keinerlei Symptome von Falschem oder Echtem Mehltau, den beiden Hauptkrankheiten an Wein. Allerdings wird sich durch die feucht-warme Witterung und das immense Wachstum der Reben der Krankheitsdruck nun verstärkt aufbauen, wir sind aber weiterhin zuversichtlich, dass unsere Maßnahmen insgesamt zu einem besseren ökologischen Gleichgewicht im Bestand führen und wir am Ende auch mit gesundem Lesegut im Herbst belohnt werden.



Herbst 2020:

Unsere Rebstöcke haben sich prächtig entwickelt! Auch wenn es während der Blüte eingangs Sommer eigentlich zu kalt und nass war, haben unsere SOLARIS-Zeilen tolle Trauben angesetzt. Um die noch recht jungen Reben nicht zu überlasten, haben wir kräftig ausgedünnt und maximal eine Traube an den Fruchtruten belassen – so haben wir nach dem Ausputzen Anfang September von 60 Stöcken immerhin noch 100 kg wunderbar gesundes Lesegut erhalten. Der reife SOLARIS brachte es auf stolze 90°Oe.

Dann kam die eigentliche Herausforderung: zukunftsweisend haben wir für den Aufbau unserer Kellerei natürlich für die späteren Jahre gleich in größeren Dimensionen geplant. Abbeeren und pressen der weißen Trauben waren kein Problem. Das Gären von nur 80 Liter Most im 300-L-Immervolltank funktioniert eigentlich auch ganz gut, aber die Temperaturkontrolle war unter den gegebenen Umständen nicht ganz optimal.

Trotz einer recht raschen Gärung brachten die Trauben einen wunderbar aromatischen Jungwein mit einer feinen Säure hervor. Dann aber haben wir einen entscheidenden Fehler gemacht: wir haben viel zu früh und zu scharf filtriert! Neben der Reduktion der Ausbeute (knapp 50 Liter nach dem Filtern) flachte der Wein zusehends ab und konnte praktisch nicht mehr gelagert werden – es war fast zum Heulen. Aber wir haben aus unseren Fehlern gelernt und werden es im kommenden Jahr eben besser machen!



Frühjahr 2020:

Inzwischen haben wir knapp 1.000 Rebstöcke in unserem Bestand, zuletzt hinzu kam eine PIWI-Neuzucht aus Weinsberg, die wir im Versuchsanbau betreuen. Hier müssen demnächst Erziehungsgerüste gebaut werden, dann ist auch diese Anlage komplett.

Nachdem die Reben ausgangs Winter sanft zurückgeschnitten wurden, haben die im 1. bzw. 2 Standjahr befindlichen Stöcke im April und Mai prächtig ausgetrieben. Alle Triebausbrucharbeiten sind schon erledigt. Nun gilt es, die Pflanzen zu beobachten und die notwendigen Anbindearbeiten durchzuführen, damit sich die jungen Reben in die vorgesehene Erziehungsform fügen.

Viel Arbeit macht das manuelle Entkrauten rund um die Stöcke und das vorsichtige Ausmähen in den Zeilen, um die beigepflanzten Bodendecker zu schonen.

Die bislang recht trockene Witterung lässt die in diesem Jahr neugepflanzten Reben nur langsam "ins Grün gehen" – aber wir haben ja Zeit!




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